Wie beeinflussen Emotionen unsere Gesundheit? Teil I
Wie beeinflussen Emotionen unsere Gesundheit? Teil I
Emotionen gehören zu unserer alltäglichen Erfahrung. Im Vergleich mit Gefühlen erleben wir Emotionen intensiver, weil uns dabei das Herz bis zum Hals schlägt oder es im Unterleib heiß pulsiert. Wir spüren Emotionen physisch auf der körperlichen Ebene. Die traditionelle chinesische Medizin TCM betont, dass innere Organe auf negative Emotionen reagieren. Wir wissen um diese Zusammenhänge unbewusst schon lange. Deshalb sprechen wir beispielsweise von der berühmten Laus auf der Leber und der hochkommenden Galle. Die moderne westliche Medizin bestätigt zunehmend, dass negative Emotionen häufig andauernde Auswirkungen auf der körperlichen Ebene haben.
Emotionen - Wo Licht ist, ist auch Schatten
Objektiv betrachtet sind Emotionen nützlich. Sie sind unser innerer Kompass und erleichtern uns Entscheidungen. Über sie reagieren wir sofort auf lebensgefährliche Gefahren. Angenehme Emotionen sind willkommen. Wir fühlen uns so herrlich lebendig, wenn uns etwa aus Verliebtheit heraus das Herz klopft.
Wo liegt das Problem mit Emotionen? In unserem Gehirn stoßen Emotionen verschiedene Vorgänge an. Der französische Hirnforscher Joseph LeDoux beschreibt, dass Reize zwei Bereiche im Zentralnervensystem anregen:
1. Die Amygdala – gehört zum Teil des sogenannten limbischen Systems im menschlichen Gehirn – führt eine Art Schnellabgleich zu gespeicherten Basisgefahren für unser Leben ab. So werden diese Gefahren schnell erkannt und es erfolgt eine typische Sofort-Reaktion. Beispiel: Sie stehen vor einem Grizzlybären in der freien Natur. Die Gefahr, die von einem wilden Bären ausgeht, ist in der Amygdala abgespeichert. Eine typische Reaktion ist jetzt die Flucht. Ohne Nachdenken laufen wir los.
2. Über den Thalamus – einen Teil des Zwischenhirns – werden emotionale Reize verarbeitet, die noch keine Berücksichtigung in der Amygdala gefunden haben. Beispiel: Sie haben ein unangenehmes Erlebnis in einer mündlichen Prüfung. Der Prüfer greift Sie verbal persönlich an und kränkt Sie schwer. Sie bestehen die Prüfung nur knapp. Vorher hatten Sie keine Angst oder emotionale Reaktionen mit einem solchen Ereignis verbunden. Jetzt entwickeln Sie über neue Verknüpfungen im Gehirn eine Verbindung zwischen mündlicher Prüfung und belastenden Emotionen wie Angst/Ablehnung.
Ohne ein angemessenes Emotionsmanagement grübeln Sie über das Erlebte nach und versuchen, es zu verarbeiten. Dabei spüren Sie die ganze Zeit über der belastenden Emotion nach und fühlen dabei die körperlichen Symptome wie Herzklopfen, weiche Knie und Schweißausbruch. Der Prozess wird am Ende als neue Information in einer Art Emotions-Datenbank abgelegt. Ab sofort ist der Reiz mündliche Prüfung/Prüfungsgespräch mit der Emotion Angst/Ablehnung verbunden. Verhaltensforscher sprechen von einer Konditionierung.
Es entsteht eine Art inneres Alarmsystem. Die Information über den Reiz und die Emotion werden mit immer weiteren Daten (Erlebnissen) gefüttert.
Eng verbunden mit dem inneren Alarmmelder sind weitere innere Vorgänge, bei denen Botenstoffe für begleitende körperliche Reaktionen sorgen. Alle beteiligten Elemente wirken in diesem Kreislauf selbstverstärkend, weil die Reize über die körperlichen Reaktionen intensiver erlebt werden. Die Verknüpfung zwischen Reiz und reaktiver Emotion vertieft sich. Vielleicht gewöhnen wir uns an eine bestimmte Botenstoff-Verteilung in unserem Körper. Diese tut uns aber nicht immer gut.
Negative Emotionen verselbstständigen sich in einem gewissen Umfang in unserem Körper. Es kommt zur dauerhaften oder häufigen Ausschüttung von Stresshormonen. Biologisch vorgesehen ist, dass Botenstoffe wie Stresshormone nur für kurze Zeit im Körper unterwegs sind.
Es ist vor allem schwierig, die im Gehirn entstandenen Verknüpfungen in unserem selbst entwickelten Alarmsystem aufzubrechen. Manche Emotionen benötigen die ursprünglichen Reize jetzt nicht mehr, damit Sie sie wahrnehmen. Es reicht ein Gedanke an die auslösende emotionale Situation. Ein Prüfungsgespräch vor Augen, bricht Ihnen der Schweiß aus und Ihr Herz rast. Anhaltende körperliche Störungen werden die Folge sein.
Im Teil II beschäftigen wir uns mit typischen belastenden Emotionen und schauen uns die Wirkung auf die Organe im Detail an.